Björn Mehren – Mit Feuer und Flamme bei der Sache
Text: Frauke Janssen, Fotos: Maximilian GödeckeWenn Björn Mehren über seine Lieblingsbeschäftigung spricht, beginnt es in seinen Augen zu funkeln. „Schweißen“, sagt er, „und Gewinde schneiden!“. Der 51-Jährige schätzt die Arbeit und die Produkte in der Schlosserei – so wie die kunstvolle Metallskulptur, auf die er im Vorbeigehen zeigt. Plötzlich bleibt er stehen und fährt mit seinen Händen über die blank polierte Stahlseite einer Parkbank, die sein Kollege gerade gebaut hat. Mit ruhigem rheinländischen Akzent erklärt er, wofür er die Werkzeuge und Maschinen ringsherum benutzt. Dann setzt er den Schweißhelm auf, nimmt den Brenner in die Hand und lässt die Funken sprühen. Björn Mehren bewegt sich so selbstverständlich durch die Halle als würde er dort wohnen. Und tatsächlich: „Es ist wie nach Hause kommen“, sagt er über seine Arbeit.
Das Aus kam, als er seinen Führerschein verlor
Angefangen hatte seine Tätigkeit als Schlosserhelfer damit, dass das nordrhein-westfälische Jobcenter, die Dürener Job-Com, ihn in das regionale Projekt Wendepunkt vermittelt hat. Um Menschen wie Björn Mehren, die lange arbeitslos waren, wieder ins Berufsleben zu integrieren, hatte die Job-Com das Projekt 2019 ins Leben gerufen. Einer ihrer Kooperationspartner ist die vor Ort ansässige Arbeitsmarktförderungsgesellschaft Low Tec, die in ihren Werkstätten neben Erwerbslosen auch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Geflüchtete oder Jugendliche beim Übergang ins Berufsleben fördert und weiterqualifiziert. Dort sitzt Björn Mehren nun fest im Sattel. Auf die tägliche Metallarbeit freut er sich genauso wie auf den Austausch mit seinen Kollegen. „Er ist ein absoluter Teamplayer“, sagt Matheus Kempinski, Standortleiter der Low Tec Düren darüber, wie gut sein Mitarbeiter den Umgang auf Augenhöhe versteht. „Er weiß, wo er herkommt – das hat er nicht vergessen!“
13 Jahre lang war Björn Mehren arbeitslos, obwohl er durchaus etwas vorzuweisen hat. Nach seinem Realschulabschluss Mitte der 80er Jahre begann sein beruflicher Weg. Sein Großvater, bei dem Björn Mehren damals lebte, kannte in der Gegend den Besitzer eines erfolgreichen Aufzug-Bauunternehmens. „Da gehst du jetzt hin und lernst Schlosser!“, sagte er zu seinem Enkel. Gefragt hat er ihn nicht. Und dennoch gefiel dem jungen Björn die Arbeit vom ersten Tag an: „Es war einfach nur herrlich!“, erinnert sich Mehren noch heute an das gute Gefühl, etwas Selbstgefertigtes in der Hand zu halten. Und daran, wie er als Lehrling mit auf Montage fuhr. Als er schließlich den Gesellenbrief in der Hand hielt, wurde er von der Bundeswehr eingezogen. Danach zurück im Ausbildungsbetrieb, ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Björn Mehren verlor zum ersten Mal seine Arbeit.
Zunächst verdingte er sich noch in anderen Handwerksbetrieben, dann immer häufiger bei Zeitarbeitsfirmen. Das Aus kam, als er 2007 seinen Führerschein verlor. Seit seiner Kindheit wohnt Björn Mehren rund 20 Kilometer von Düren entfernt auf dem Land. „Der erste Bus fährt um 6 Uhr, da fängt die Frühschicht an, und nach 22 Uhr kommst du mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr nach Hause“, berichtet er davon, wie es immer schwieriger für ihn wurde, einen Job zu finden – mit verhängnisvollen sozialen Folgen. „Man hatte ja kein Geld mehr, um rauszugehen und etwas zu unternehmen. Die Freunde waren auf der Arbeit oder mal im Urlaub gewesen und hatten was zu erzählen. Und man selber hat sich wieder mal beworben und den ganzen Tag zu Hause gesessen. Da war man irgendwann nicht mehr interessant und dann meldete sich auch keiner mehr.“ Björn Mehren hat Leistungen des kommunalen Jobcenters erhalten, hangelte sich durch Nebenjobs und fühlte sich immer frustrierter und machtloser. „Man hat etwas geleistet, etwas für die Gesellschaft getan, man konnte ja auch etwas, aber man kommt einfach nicht mehr dahin.“
Der Brückenjob half dabei, wieder im Alltag Fuß zu fassen
2017 vermittelte ihm die Job-Com dann einen Brückenjob als Hausmeistergehilfe in einem Schulzentrum. Obwohl er dort nur ein halbes Jahr arbeiten konnte, half ihm die Arbeit dabei, wieder Fuß im Alltag zu fassen: „Man musste früh aufstehen, sich ordentlich zurechtmachen, Butterbrote schmieren, pünktlich sein.“ Job-Com-Fallmanagerin Susanne Junggeburth-Westerkamp erkannte neben seiner fachlichen Qualifikation als Schlosser eine weitere Reserve in Björn Mehren: „Mir ist aufgefallen, wie kommunikationsstark er ist und auch in der Lage über sein Leben und seine Situation zu reflektieren.“ Sie schlug ihm vor, am Projekt Wendepunkt teilzunehmen. Als Mehren herausfand, dass es unter den zahlreichen Werkstätten der Low Tec auch eine Schlosserei gibt, wurde er hellhörig. Mit der Aussicht, wieder mit Metall arbeiten zu können, erklärte er sich bereit, am Projekt teilzunehmen. Mithilfe von Coachings wurde dann beurteilt, ob er eine längerfristige Beschäftigung für ihn infrage käme. Björn Mehren bestand die Bewährungsprobe. „Gut war, dass er einfach wollte!“, erinnert sich Fallmanagerin Junggeburth-Westerkamp. Zusätzlich finanzierte die Job-‚Com ihm noch den Mofaführerschein und einen Roller. „Damit kann ich endlich wieder mobil und pünktlich auf der Arbeit sein“, sagt Mehren und strahlt.
Seit Februar 2020 arbeitet er nun mithilfe der sogenannten 16-i-Förderung im Rahmen des Teilhabechancengesetzes als Schlosserhelfer bei der Dürener Low Tec. „Das heißt, die ersten zwei Jahre bezahlt die Job-Com meinen Lohn. Wenn ich danach verlängert werde, zahlt die Low Tec zehn und im Jahr darauf 20 Prozent.“ Im fünften Jahr würde sein Arbeitsplatz dann noch mit 70 Prozent vom kommunalen Jobcenter gefördert werden. So kann sich Björn Mehren nun weiter an seinem Arbeitsplatz bewähren. Das dürfte ihm nicht schwerfallen – ganz im Gegenteil: „Wir können uns da auch längerfristig etwas vorstellen“, sagt Low Tec-Standortleiter Matheus Kempinski mit Blick in die Zukunft. Und weil Björn Mehren seine Begeisterung gerne weitergibt, soll er demnächst die Ausbildereignungsprüfung machen. Schlosser zu sein, ist einfach sein Ding.